Wiener Reitergesellschaften – die Anfänge
Mit zunehmender Verbreitung von Pferderennen und Jagdritten gewann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Campagnereiterei an Bedeutung. Der Schwerpunkt der Ausbildung gewöhnlicher Gebrauchspferde sollte im Gegensatz zur klassischen Schulreiterei auf den praktischen Gebrauch, auf verstärkte Gangarten und das Überwinden von Hindernissen gelegt werden.
So kam es im Oktober 1872 zur Gründung der „Gesellschaft zur Prämierung gut dressierter Campagnepferde in Wien“ – die heutige Österreichische Campagnereiter-Gesellschaft (ÖCRG) war geboren.
Die erste Wiener Reitervereinigung
Da durch den korporativen Beitritt aller berittenen Truppenkörper das militärische Element in der Campagnereiter-Gesellschaft vorherrschend wurde, hatte Oberst Max von Nowotny 1912 die Idee, aus dem großen Reservoir ziviler Reiterinnen und Reiter eine neue Reitergesellschaft zu gründen. Mit 9. November 1913 wurde die Namensführung „Wiener Reitervereinigung Viribus Unitis“ per kaiserlichem Erlass genehmigt – die erste Wiener Reitervereinigung wurde mit 563 Mitgliedern, darunter 75 Damen, gegründet. Im selben Jahr wurde ein Pachtvertrag über die Ameiswiese abgeschlossen, die dem neu gegründeten Verein als Übungsgelände dienen und über die Jahre viele neue Mitglieder bringen sollte.
Einen erfreulich großen Zulauf von Mitgliedern konnte die Wiener Reitervereinigung Viribus Unitis bereits 1914 mit 739 Personen und 59 korporativ beigetretenen Regimentern (!) verzeichnen.
Mit insgesamt 1.040 im Prater gepflanzten Bäumen – 450 Linden, 415 Kastanien, 125 Eichen und 50 Ahorn – zeigte sich die Wiener Reitervereinigung schon in frühen Jahren von ihrer grünen Seite. Über die Jahre sollten es 1.890 neu gepflanzte Bäume werden.
1920 hielt die Wiener Reitervereinigung erstmals nach dem Ersten Weltkrieg wieder eine „Reitpferdekonkurrenz“ ab. Sie fand auf dem damaligen Poloplatz, dem heutigen Golfplatz in der Wiener Freudenau, statt.
1921 legte der Verein einen Schwerpunkt auf die Springreiterei. Neuer Vereinssekretär wurde Oberleutnant Alois Podhajsky. Er sollte 1936 bei den Olympischen Sommerspielen in Berlin die Bronzemedaille im Dressurreiten gewinnen und nach dem Zweiten Weltkrieg Leiter der Spanischen Hofreitschule in Wien werden. Der Verein erreichte 1921 einen Höchststand von 1.017 Mitgliedern.
1925 wurde die Grafenwiese zwischen Ostbahndamm und Lusthaus gepachtet und zu einem den modernsten Bedingungen entsprechenden Turnierplatz ausgebaut. Dort konnte die Wiener Reitervereinigung Viribus Unitis in den kommenden Jahren noch viele Reitsportveranstaltungen organisieren und mit ihrem Übungsgelände auf der Ameiswiese viele reiterliche Karrieren fördern.
1931 fusionierte die Wiener Reitervereinigung mit der Österreichischen Campagnereiter-Gesellschaft.
Die Wiener Reitervereinigung St. Georg
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Österreich einen einzigen Reitverein, die Österreichische Campagnereiter-Gesellschaft. Neben dem Wiederaufbau von Turnierstätten und Trainingsplätzen wagte man sich 1948 an erste nationale und internationale Turnierveranstaltungen.
1950 begann die Zuteilung von Geldmitteln aus dem österreichischen Sporttoto, die der Gesellschaft die weitere Aufbauarbeit erleichtern sollten. In den Folgejahren erhielt die ÖCRG alle öffentlichen Subventionen für den Reitsport.
Da die Turnierreiter mit der Aufteilung dieser öffentlichen Mittel unzufrieden waren, fasste DI Georg Holländer, einer der erfolgreichsten Springreiter dieser Zeit, den Entschluss, einen Turnierreiterverein in Wien zu gründen. Dieser wurde am 16. Oktober 1961 mit dem in Anlehnung an die frühere Wiener Reitervereinigung gewählten Namen „Wiener Reitervereinigung St. Georg“ von der Vereinsbehörde anerkannt. Unser Verein war von Beginn an auch ein ländlicher Reitverein. Erster Präsident der Wiener Reitervereinigung St. Georg wurde HR Dr. Karl Panuschka.
DI Holländer wollte mit der Gründung des Vereins mehr Mitspracherecht für die Turnierreiter erreichen. Dafür kam ihm die Umstrukturierung des österreichischen Reitsports im Jahre 1962 gerade recht, denn laut Statuten des neu gegründeten Landesfachverbandes für Reiten und Fahren in Wien war ein Vizepräsident den ländlichen Reitern vorbehalten. Diese Funktion übernahm DI Holländer, um so das gewünschte Mitspracherecht durchzusetzen.

DI Georg Holländer auf Pillango, Ende der 50er-Jahre am Poloplatz in der Wiener Freudenau
Aus den 60er-Jahren bleiben als von unserem Verein organisierte Großveranstaltungen das CHI 1963 auf der Rennbahn in der Freudenau und das St. Georgs Derby 1966 auf der Ameiswiese in Erinnerung.
1970 trat HR Dr. Panuschka nicht mehr für das Amt des Präsidenten der Wiener Reitervereinigung St. Georg an. Neuer Präsident wurde DI Georg Holländer, Vizepräsidenten wurden Dr. Marius Mautner-Markhof und Franz Bibersteiner.
1971 verstarb DI Holländer. Das Amt des Präsidenten wurde von Dr. Marius Mautner-Markhof übernommen.
Von 1974 bis 1980 führten Peter Gürtler als Präsident und Dr. Franz Bielansky sowie DI Max Huck als Vizepräsidenten die Geschicke des Vereins. In dieser Zeit waren die meisten bekannten Wiener Turnierreiter aller Sparten Mitglieder unseres Vereins. So konnte 1975 unser Verein bei den Wiener Landesmeisterschaften im Dressurreiten die ersten fünf Plätze für sich belegen.
1980 begann die Präsidentschaft von KR Ing. Heinz Velicky mit den Vizepräsidenten Alma Holländer und Ing. Helmut Höllerbauer. In die Ära Velicky fallen die ersten St. Georgs Herbsturniere auf der Ameiswiese und später in Kooperation mit dem Reitverein Freudenau auf der ASKÖ-Reitanlage in der Wiener Freudenau. Gegen Ende dieser Ära schrumpfte der Verein aufgrund von Abwanderung zu anderen Vereinen bzw durch altersbedingte Aufgabe des Turniersports auf rund 70 Mitglieder mit wenigen aktiven Turnierreitern.
2002 übergab KR Ing. Heinz Velicky das Amt an Heinz Breza, der mit Turnierveranstaltungen, Vortragsreihen und geförderten Kursen die richtigen Aktivitäten setzte, um unseren Verein wieder mehr in den Mittelpunkt des Turniergeschehens zu stellen und neue Mitglieder zu gewinnen. Alma Holländer und Ing. Helmut Höllerbauer standen dem Verein weiterhin als Vizepräsidenten zur Verfügung.
2003 legte Ing. Helmut Höllerbauer sein Amt aufgrund beruflicher Überlastung zurück. Eva Sittler wurde als neue Vizepräsidentin kooptiert.
2010 trat Alma Holländer aus gesundheitlichen Gründen zurück. Alexander Meyer-Hiestand wurde als neuer Vizepräsident kooptiert, legte aber 2011 sein Amt wegen beruflicher Überlastung zurück. An seiner Stelle wurde Elisabeth Kolarik als Vizepräsidentin in den Vorstand aufgenommen.
2017 trat Eva Sittler zurück. Karin Oberhuber wurde als neue Vizepräsidentin gewählt.
2024 stellten sich Reitmeister Heinz Breza und Elisabeth Kolarik für das Amt des Präsidenten bzw. der Vizepräsidentin nicht mehr zur Verfügung. Der neue Vorstand wurde mit DI Gerhard Löw als Präsident und Ing. Sabine Hruschka und Karin Oberhuber als Vizepräsidentinnen besetzt.
Die Ära Breza
In die Ära Breza fielen viele Dressurkurse mit Heinz Breza sowie Springkurse mit Alma Holländer und Vielseitigkeitskurse mit DI Max Huck. Vorträge wurden von Heinz Breza, Dr. Susanne Kleindienst-Passweg, Dr. Otto Lamatsch und Dr. Uta Neufeld-Sima gehalten.
Das traditionelle Herbstturnier wurde 2002 in der Freudenau sowie 2003 und 2004 am Reuhof durchgeführt. Das Herbstturnier 2003 war mit 140 Pferden eine der größten Dressurveranstaltungen, die je in Wien stattfanden.
In den Jahren 2006 und 2007 veranstaltete unser Verein jeweils ein Dressurturnier am Marienhof in Spillern.
2010 renovierte unser Mitglied Willi Sambeth in seiner Funktion als Vielseitigkeitsreferent des Wiener Landesfachverbandes die Vielseitigkeitsstrecke auf der Ameiswiese. Dies nahm unser Verein noch im gleichen Jahr zum Anlass, erstmals ein Vielseitigkeitsturnier zu veranstalten. 2011 sollten bereits zwei Vielseitigkeitsturniere auf der Ameiswiese folgen.
2011 feierten wir auch das 50jährige Jubiläum der Wiener Reitervereinigung St. Georg im Lusthaus im Wiener Prater.
Weitere Vielseitigkeitsturniere auf der Ameiswiese sollten in den Jahren 2012, 2013, 2014, 2016 und 2017 folgen. 2013 kombinierten wir das Turnier mit einem eintägigen Spring- und Dressurturnier in der Wiener Freudenau. 2014 trugen wir darüber hinaus in Zusammenarbeit mit dem Reitverein Freudenau die ASVÖ-Reiter-Trophy-Dressur aus.
Da unser Verein über keine eigene Reitanlage verfügt, wurde es mit den Jahren zunehmend schwieriger, geeignete Austragungsplätze zu einem Preis zu finden, der am Ende einer Turnierveranstaltung noch einen Gewinn ermöglicht. Aus diesem Grund veranstaltete unser Verein seit 2018 keine eigenen Turniere mehr.
Um weiterhin Anreize für unsere Mitglieder zur Teilnahme an Dressurturnieren zu schaffen, wurde 2018 der St. Georg Dressurcup ins Leben gerufen.
Unsere bekanntesten und erfolgreichsten Reiterinnen und Reiter
Abschließend seien einige jener Mitglieder genannt, die unseren Verein besonders erfolgreich auf nationalen und internationalen Turnierveranstaltungen vertreten haben. In alphabetischer Reihenfolge:
Reitmeister Heinz Breza | siebenfacher Staatsmeister Dressur |
Ing. Eduard Budil | Springen, Olympiade Rom 1960 |
Dkfm. Elisabeth Gürtler | Dressur |
Peter Gürtler | Dressur |
Alma Holländer | Springen und Vielseitigkeit |
DI Georg Holländer | Springen |
DI Max Huck | Springen und Vielseitigkeit |
Dr. Sigismund Huck | Springen |
Dr. Elisabeth Hunna-Martin | Staatsmeister Dressur |
Erika Montag | Vielseitigkeit und Dressur |
Karin Oberhuber | Dressur |
Peter Panuschka | Vielseitigkeit, Springen und Dressur |
Anneliese Putz | Dressur |
Doris Sambeth | Vielseitigkeit |
Gabi Stumpf | Springen, Dressur und Gespannfahren |
Kathi Stumpf | Dressur |

Dr. Elisabeth Hunna-Martin auf Satanella, 1957 beim Training auf der Ameiswiese

Alma Holländer auf Fallada, CHN Villach 1959

Peter Panuschka auf Amor, CHN Villach 1959

Peter Panuschka, Heinz Breza, CHN Poloplatz 1964

Alma Holländer, DI Max Huck, Europameisterschaft der ländlichen Reiter 1967

Dr. Sigismund Huck, Wiener Landesmeister Springen 1971

Heinz Breza auf Dalmand, CHIO Aachen 1975

Anneliese Putz auf Duhaj, CHIO Laxenburg 1976

Heinz Breza auf Duhaj, CHIO Aachen 1981

Erika Montag auf Franky Boy, CCN Aspang 2007

Karin Oberhuber auf Luxor, CDN Weikersdorf 2008

Gabi Stumpf, Salzburg 2009

Kathi Stumpf auf Nymphenburg´s Love in USA, 2014